Sonntag, 27. April 2014

Journal Journey into the Year 1811: April 'Journal des Luxus und der Moden'


Der Monat April hat sich für meine Mitreisenden und mich als sehr turbulent erwiesen, 
weshalb wir auch erst heute unsere Reiseberichte nachreichen!
Der Frühling hat nun endgültig den Einzug gehalten, auch in der Mode des Jahres 1811.
Wenngleich die Mode nicht vorrangig Beachtung in der vorliegenden Aprilausgabe des Journals des Luxus und der Moden findet.
Eine umfangreiche Ausgabe...eigentlich! Angefüllt mit Berichten von Kostümbällen in Cassel, Konzerten in Weimar und einem Maskenball in Rudolstadt, mit Nachrichten über die neusten Almanache und Taschenbücher und schließlich ein ausführlicher Bericht aus der Feder von Christian August Vulpius (Ja, der Bruder von Christiane von Goethe, geb. Vulpius!) über die Fertigung von Tüllspitze in Frankreich.
Was fehlt ist ein Überblick über die Mode, denn dort liefert uns das Verlagshaus am Baumgarten in Weimar im April lediglich zwei Modekupfer!
The month of April proofed to be quite turbulent for my fellow travellers and me, hence it took us a while to deliever a proper report!
Spring is finally here, and it also found it's way into fashion for the year 1811.
Although fashion did not seem to have the first priority in the April issue of the Journal des Luxus und der Moden.
It is an extensive release...actually! Full of news of carneval in Cassel, concerts in Weimar and a masked ball in Rudolstadt, with reports on the latest almanacs and calendars and eventually an in depth bulletin written by Christian August Vulpius (Yes, the brother of Christiane von Goethe, nee Vulpius!) about the production of french tulle.
However news on fashion are missing, as the publishing house at Baumgarten in Weimar only delieveres two fashion plates for April!
Journal des Luxus und der Moden 
April 1811
(Herausgeber/Verleger Friedrich Justin Bertuch, Weimar)
1811, April, Journal des Luxus und der Moden

XII. Erklärung der Kupfertafeln

Tafel 10: 1. Eine Pariser Dame in einer Robe von Cachemire. – Kopfputz von Haargeflechten mit Perlenschnüren umgeben. – (Coiffure en cheveux de perles)
2.3. Aegyptischer Kopfputz, geschmückt mit Blumen, silbernen Früchten, Sammt und Gold. 
Tafel 11. Pariser Caricature. Der moderne Bund, eine launige Persiflage der neuesten Moden Pariser Elegants, vorzüglich der Hutformen. In der Mitte dieses Kleeblatts steht Herr Klapp (Mr.Claque); Rechts Herr Zuckerhut (Mr. Pain-de sucre), zur Linken der moderne Robinson=Krusoe im Hut gleichen Namens. –Von großen Umwälzungsideen durchdrungen, geloben sie sich hier unter dem großen Himmelszelt treue Beharrlichkeit im Kampf gegen unmodische Philisterei, um mit schöpferischem Geiste die Orakel aller Schneider=Boutiquen zu werden,
so dass nichts zum bon-ton gerechnet werden kann, als was ihr Triumvirat dafür erklärt.

XII. Description of the copper plates 
Plate 10: 1. A Parisian lady in a cashmere Gown (Robe de Cachmere). - Headwear made of braided hair garnished with pearls. (Coiffure en cheveaux de perles)
2.3. Egyptian Headdress, decorated with flowers, silver fruits, velvet and gold.

Plate 11: Pariaisan caricature. The modern league, a witty persiflage of the latest fashion of Parisian elegants, preferably their shape of hats. In the middle of the three-leafed clover is Mr. Claque; on the right Mr. Pain de Sucre, to the left a modern Robinson Crusoe with a hat of the very same name. – Infused with great ideas of revolutionary change, they vow under the canopy of stars a faithful determination in regard of their battle against unfashionable philistinism, and – due to their creative mind - to become the oracle of all tailor shops, hence that nothing ever will be part of the bon-ton unless their triumvirate declares it. 



In diesen wenigen Zeilen erschöpft sich leider - wie bereits angekündigt - der Einblick in die Modewelt vom April 1811, allerdings wartet das Journal auf den letzten Seiten mit einem sehr überraschenden Bericht auf, den ich meinen Lesern keinesfalls vorenthalten mag.
Da der Text sehr lang ist, kann  ich an dieser Stelle bedauerlicherweise nur einige Textpassagen wiedergeben, um einen Eindruck von dem Bericht zu vermitteln.
Niedergeschrieben auf den letzten sechs Seiten der Aprilausgabe durch Karl Gottlieb Horstig und veröffentlich durch Friedrich Justin Bertuch, liegt uns eine denkwürdige Rede vor, die am
06. Dezember 1810 anlässchlich des Ehrentages von Namenstag der Markgräfin von Baden, Amalie Friederike, unter folgendem Titel von Franz Anton May gehalten wurde:
 Wird unser Zeitalter nicht bald reif für die Würdigung weiblicher Anlagen seyn?
http://zs.thulb.uni-jena.de/receive/jportal_jparticle_00086865

These few lines are - like mentioned afore - unfortunately the sole information on fashion for April 1811, but on the very few last pages the Journal offers an amazing text, which I won't withhold from my readers.
As the text is quite lengthy, I'm afraid I'm only able to recite a few passages and give a general idea of the content.
Written down on the six last pages of the April's issue by Karl Gottlieb Horstig, and published by Friedrich Justin Bertuch, we have the pleasure to witness a remarkable speech, which was held on Dec. 6th 1811 on the occasion of the name day of margravine of Baden, Amalie Friederike, by Franz Anton May with the following title:
Isn't it about time to recognize the female capabilities in regard of scholarship?

Franz Anton May (auch bekannt als: Mai) 1742 - 1814
(Quelle/source: deutsches Ärzteblatt)

Franz Anton May erhielt in den späten 1760ern die Doktorwürde. Er leitete eine Hebammenschule, ein Waisenhaus und eine Pflegeschule, wo er auch als Arzt tätig war, verfasste wichtige ärztliche Schriften und setzte sich zeitlebens unermüdlich für Benachteiligte ein.
 Franz Anton Mays Absicht im Jahre 1810 beschrieb Karl Gottlieb Horstig im Journal des Luxus und der Moden folgendermaßen:
"...Es ist der heißeste Wunsch des würdigen Alten, dass diese unverzeihliche Vernachlässigung weiblicher Anlagen, (...) nicht länger als ein Vorwurf, worüber keine Rechtfertigung Statt finden kann, auf unserem Zeitalter lasten möge..."
und
"...hätte man nicht von jeher ausgezeichnete Talente der weiblichen Jugend sorgfältig prüfen, würdigen und zur Aufnahme der Künste und Wissenschaften benutzen sollen?"
Franz Anton May was granted a doctorate in the late 1760s. He led a midwife school/materinty ward and a school for nursing, as well as an orphanage, were he also practiced as a physician, he published important books on medical practice and dedicated his life/work to those less fortunate.
The intention of Franz Anton May's speech in 1810 was described by Karl Gottlieb Horstig with the following lines:
"...It is his most ardent wish, that the neglect of female capabilties, (…) would no longer cast it’s shadow upon the era."
and
"...should these excellent references of the female youth, not have been examined with more care and be recognized, resulting in their admission to study Arts and Scienes?"

Franz Anton Mays Worte sind voller Kraft und Hingabe für die Sache und von ungeahnter Modernität.
Wenn man bedenkt, dass es nochmals über ein Jahrhundert dauern sollte, ehe sich die Frauenbewegung  durchsetzte, erhält man einen Eindruck, wie Mays Rede aufgenommen worden ist. Dennoch sparte er weder an der Kritik gegenüber seinen unzähligen (männlichen) Gegnern, noch an seinen Forderungen:
 "Und dieser physischen, moralischen und intellectuellen Kraft entriß man das Privilegium der Geistesbildung, und wies ihr den Spinnrocken, den Feuerherd und die Waschhütte, als die einzige ihr angemessene Werkstätte an! 
(...) wer gab den Männern das Recht, eine ganze Hälfte des Menschengeschlechts von aller wissenschaftlichen Bildung auszuschließen? Für Männer hat man Lyceen, Gymnasien, Seminairen, Universitäten, Akademien und Stipendien. Für junge Frauen hat man höchstens Schreib-, Rechnen – Strick und Stickschulen, Spinnstuben, Waschhäuser u f.f., das sind die Akademien, wo ihre rechte Bildung vollendet werden soll. Als wenn es keine Ärztin, keine Scheidekünstlerin (Chemiker), keine Richterin, keine Sachwalterin, keine Vorsteherin schöner Anstalten geben dürfe – als wenn das Weib dazu verdammt seyn müsste, das Pult mit der Toilette, die Minerva (1) mit der Modehändlerin, den Parnaß (2) mit dem Tanzboden zu ersetzen.
 Franz Anton May's words are powerful and truly dedicated to his cause, as well as unusually modern.
Keeping in mind that it still took another century until the women's liberation gradually took place, shows how his speech must have been received back then. Yet he neither gave in with his criticism against his countless (male) opponents, nor his demands:
"…this physical, moral and intellectual power was denied the privilege to study science and arts, and instead banned to the distaff and spindle, the kitchen’s herd and the laundry chamber, as a solely appropiriate working place.
(...) who entitled the men, to suspend half of the mankind from all scholarship? Men have their lyceums, gymnasiums, tutorials, universities, academies and scholarship. Young women merely have their writing, calculating, embroidery and knitting schools, their spinning wheels, laundries and sculleries etc., these are their so-called academies, where their education should be done. As if they wouldn't be able to become doctors, chemists, lawyer/judges, administrators or leader of institutes - as if the women would be condemned to replace the desk with the dressing table, the minerva (1) with a fashion merchant, the parnass (2) with a dance hall."

***Erklärungen/Anmerkungen***
1) Minerva war ursprünglich eine römische Gottheit, wurde aber im Laufe der Zeit mit der griechischen Göttin Athene gleichgesetzt und galt als Schutzgöttin der Dichter und Lehrer.
2) Parnass ist ein Berg der griechischen Mythologie. Er war Apollon geweiht und galt als Heimat der Musen und Göttinnen der Künste. In übertragender Bedeutung gilt er als Inbegriff der Lyrik.
***Explanation/Annotation***
1) Minerva was originally a roman goddess, but later was equated with the greek goddess Athene. She was the goddess of poets and teachers.
2)Parnass is a mountain in the greek mytholgy. It was devoted to Apollon and was home to the muses and goddesses of Arts. It means the allegory to lyric poetry.

Schlagen die Wogen in Paris und London ebenfalls derart hoch? Wird auch dort gefordert Minerva zu huldigen, statt der Modehändlerin?
Is there a similar sentiment in Paris and London? Do they also demand to render hommage to Minerva instead of the fashion merchants?

An dieser Stelle gebe ich ab an Alessandra für die neusten Moden aus Paris vom/
And now I like to direct you to Alessandra for the latest fashions of Paris from
und an Maggie für einen Überblick aus London/and to Maggie for an overview from London via
  "Ackermann's Repository",
sowie an Natalie für die Neuigkeiten vom Londoner Hof/and to Natalie for news from London's court
  "LaBelle Assemblée"

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